Vor ein paar Tagen ist mir die erste Wespe in diesem Jahr begegnet – bei den momentanen Außentemperaturen eigentlich ein Wunder. Sie hatte sich auf unserem Balkontisch niedergelassen und schien die Sonnenstrahlen genauso zu genießen, wie ich.
Da die Makrofotografie ein Bereich der Fotografie ist, der mich zwar sehr fasziniert, in dem ich aber völlig unerfahren bin, freut es mich, dass mir dieser ungeplante Schnappschuss (aus meiner Sicht) eigentlich ganz gut gelungen ist, und das hat drei Gründe:
Erstens bewegte sich dieses Exemplar ganz untypischerweise für Wespen. Während sie sonst unberechenbare hektische Zickzackkurse fliegen und sich selten irgendwo länger als eine Sekunde niederlassen, saß diese Wespe seelenruhig und unbeweglich auf dem Holz, als würde sie dort festkleben und die Welt um sich herum vergessen haben. So konnte ich ihr sehr nah kommen, ohne das sie gleich die Flucht ergriff.
Zweitens hatte ich einen betriebsbereiten Aufsteckblitz griffbereit, den ich auf der Kamera im TTL-Modus auslöste. Da dies eine Hochformataufnahme ist (ja, richtig, es ist ja eigentlich ein Querformat, ich habe das Bild aber erst in der Nachbearbeitung zum Querformat geschnitten), kommt das Licht des Blitzes ein wenig von rechts. Das erweckt den Eindruck, der Blitz sei entfesselt gewesen, obwohl er es nicht war. Ohne Blitz wäre die Gesichtspartie des Insekts im Schatten abgesoffen (und die Aufnahme damit unbrauchbar), da dies eine Aufnahme gegen die Sonne ist.
Und Drittens konnte ich die Kamera gut am Balkongeländer abstützen, was nützlich war, um die Aufnahme nicht verwackeln zu lassen und insgesamt eine stabile Aufnahmeposition zu haben.
Hmm, besonders hübsch sieht sie ja eigentlich nicht aus, oder anders: Das Kindchenschema funktioniert einfach nicht bei dieser Spezies – die Augen sind riesig und das ganze Ding wirkt einfach monströs. Da ist es doch eigentlich ganz gut, das Wespen so kleine Tiere sind, sonst würde man wahrscheinlich jedesmal schreiend weglaufen, wenn man ihnen ins Gesicht schaut;-)
Und die Wespe hat nicht nur riesige Augen, sie hat auch sehr viele davon! Die sogenannten Komplexaugen (oder Facettenaugen) setzen sich aus zahlreichen Einzelaugen zusammen. Zusätzlich haben sie noch einen Ausläufer zur Oberseite des Kopfes und ermöglichen dem Insekt so eine Rundumsicht von nahezu 360°(!). Und wer genau hinsieht, kann auf der Stirn noch die drei Punktaugen erkennen, die für die Erkennung der Helligkeitswerte zuständig sind und bei Navigation und Flug unterstützen. Im Gehirn des Insekts ergibt sich dann aus den einzelnen Informationen und Bildpunkten ein Abbild der Umgebung. Und als wenn das noch nicht genug an optischer Ausstattung wäre, können Wespen extrem schnelle Geschwindigkeiten wahrnehmen (viel schnellere als der Mensch), sie sehen quasi in Zeitlupe – alles in allem also wahre Sehkünstler!
Die Aufnahmetechnik: 100mm Macro, 1/125sec, f11 (da man bei Makroaufnahmen eh nicht viel Tiefenschärfe hat, sollte man möglichst weit abblenden), ISO 250, Systemblitz aufgesteckt im TTL-Modus. Noch besser wirkt in der Makrofotografie der Einsatz des Blitzes natürlich richtig entfesselt und dann schräg seitlich positioniert, aber meine Funkempfänger lagen drei Etagen tiefer und so lange hätte die Wespe dann wahrscheinlich doch nicht gewartet…